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Von Spinnen, Aufzügen und vom Autofahren – und was sich gegen die Phobien machen lässt

In meiner Praxis sehe ich sehr oft Menschen mit großen Herausforderungen. Manche haben geliebte Menschen oder Tiere verloren, andere müssen sich mit oder nach schweren Erkrankungen wieder neu orientieren. Einigen fehlt es an Selbstwert oder Selbstbewusstsein, ohne die man sich im Leben schwer durchsetzen kann. Und dann gibt es noch Klienten, die an einer Angststörung leiden. Das können sowohl unspezifische Ängste sein, die sich in übermäßiger Sorge um andere oder sich selbst zeigen, Verlustängste, Angst vor dem Älterwerden oder dem eigenen Tod, als auch spezifische Phobien, wie zum Beispiel die Angst vor Spinnen (Arachnophobie), vor dem Fahrstuhlfahren (Climacophobie) oder dem Fahren oder Mitfahren im Auto (Amaxophobie).

Manchmal ist es möglich, wenn auch nicht ratsam, den gefürchteten Objekten aus dem Weg zu gehen. Ein Arachnophobiker sollte vielleicht besser nicht auf einen Bauernhof oder eine Finca ziehen, ein Climacophobiker ist gut bedient, wenn er nicht gerade in einem Hochhaus im 12. Stock arbeitet. Bei der Angst vor dem Autofahren wird es dann aber schon schwierig. Es sei denn, man lebt und arbeitet in einer Großstadt mit perfekt ausgebautem öffentlichem Nahverkehrsnetz. Überhaupt könnte man sagen, dass Ängste uns eher das Leben schwer machen, wenn wir uns nicht mit ihnen auseinandersetzen oder sogar alles tun, um ihnen aus dem Weg zu gehen.

Sich Hilfe zu suchen, scheint für etliche Menschen trotzdem eine große Herausforderung zu sein. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, mit Ängsten gut umzugehen, zu lernen, sie anzunehmen und, auch wenn sich das etwas seltsam anhört, heilsam mit ihnen zu leben. Manche Ängste, beispielsweise die Flugangst, haben oftmals einen ganz realen Hintergrund, den die Klienten nicht mehr wissen oder der gut verdrängt wurde, weil er durch ein traumatisches Erleben entstanden ist. Dann kann es passieren, dass die Seele das Erlebte quasi abspaltet, um einigermaßen funktional weiterleben zu können. Erinnert wird der Schrecken dann, wenn Umstände auftreten, die sich ähnlich anfühlen wie die traumatische Situation.

Ein Beispiel: Wird ein Kind zur Bestrafung immer wieder in einen dunklen oder engen Raum gesperrt, aus dem es selbsttätig nicht herauskann, kann das später dazu führen, dass der Erwachsene Angst hat vor Fahrstühlen (enger Raum) oder vor dem Fliegen (Kontrollverlust) oder beides. In dem Moment, in dem die Herausforderung auftritt (Öffnen der Fahrstuhltür), wird dem Erwachsenen klar, dass er während der Fahrt nicht einfach aussteigen kann, und das kann das traumatische Erleben von damals wieder hervorbringen, die Situation ist ein Trigger (Auslöser).

Das Schwierige dabei ist, dass der kindliche Anteil, der das Trauma erlebt hat, die Kontrolle übernimmt und reagiert. Dieser Anteil verfügt über keinerlei Ressourcen und kann naturgemäß nicht der Situation entsprechend reagieren. Er hat keine Möglichkeit, die Situation auf eine reale Gefahr hin zu überprüfen und muss so reagieren, wie der kindliche Teil es vorgibt: Situation vermeiden, die Treppe nehmen oder, wenn die Person schon in den Fahrstuhl eingestiegen ist, mit einer Panikattacke reagieren. Das kann eine große Belastung sein für die betreffende Person, ebenso für das Umfeld.

Wie kann man aber nun dafür sorgen, dass die Person die Chance erhält, erwachsen zu reagieren? Eine sehr wirksame Möglichkeit ist die Behandlung mit Hypnose. Die betroffene Person wird nach einem ausführlichen ersten Gespräch mittels Hypnose in eine leichte Trance versetzt. In diesem Zustand behält die Person die volle Kontrolle über ihr Handeln, fühlt sich aber entspannt und ruhig. In Trance ist es viel einfacher möglich, schwierige Situationen aus der Vergangenheit zu besprechen, als im Alltagsbewusstsein. In diesem entspannten Zustand kann dann mit Hilfe des Therapeuten ein Zeitpunkt gesucht werden, an dem die Angst (zum Beispiel vor engen Räumen oder Kontrollverlust) das erste Mal aufgetreten ist. Diese erste Situation kann dann besprochen werden, um klarzustellen, dass alle damals aufgetretenen Gefühle ihre Berechtigung hatten, gleichwohl aber in die Vergangenheit gehören. Und, was ebenso wichtig ist, das Kind damals keine Möglichkeit hatte, die Situation abzuwenden. Das daraus erlernte Verhalten, beispielsweise enge Räume zu vermeiden, kann als Lösungsstrategie verstanden werden, die damals ebenfalls absolute Berechtigung hatte.

Die erwachsene Person von heute kann also erkennen, dass das bisherige Verhalten dem des verängstigten Kindes entspricht. Mit etwas Übung ist es möglich zu lernen, „erwachsen” zu bleiben und ebenso zu reagieren. Die Überlegung, „Ich mag zwar keine Fahrstühle, aber ich möchte gerne schnell vom Erdgeschoß in die oberen Etagen kommen, ohne meine Taschen schleppen zu müssen”, kann dann dazu führen, dass man sein (vielleicht noch vorhandenes) Unwohlsein zwar wahrnimmt, aber trotzdem entscheidet, dass es in Ordnung ist, den Fahrstuhl zu nehmen.

Auch anderen Ängsten kann mit Hypnose begegnet werden. In diesem Zustand leichter Trance wird der Verstand ein klein wenig „heruntergefahren”. Damit bekommt die Phantasie mehr Raum, und es wird möglich, sich ganz andere Lösungswege vorzustellen. Vor einigen Jahren hatte ich eine junge Patientin, die sehr unter starker Angst vor Spinnen litt. Nachdem wir die traumatische Erinnerung gut integrieren konnten, hatte sie die Idee, sich eine Spinne vorzustellen, die an jedem „Fuß” Flipflops trug. Über dieses Bild musste sie so lachen, dass sie sich fast darauf freute, der nächsten echten Spinne zu begegnen. Es ist für mich immer wieder faszinierend zu erleben, wie Menschen mithilfe ihrer Vorstellungskraft durch Hypnose neue Wege finden, um ihren Ängsten zu begegnen oder sich einfach darüber hinwegzusetzen.

Hypnose ist sicher nicht die einzige Möglichkeit, Ängste zu behandeln, aber nachweislich sehr effektiv. Sollten Sie unter Ängsten leiden, kann ich Ihnen wirklich raten, holen Sie sich Hilfe. Gewinnen Sie wieder mehr Lebensfreude und Freiheit in Ihrem Handeln, in dem Sie lernen, „erwachsen” auf die verschiedenen Anforderungen des Lebens zu reagieren. In diesem Sinne.